Lebe wohl, Microsoft Office

Im beruflichen Umfeld war eigentlich bei jedem Arbeitgeber und Kunden, Microsoft Office der Standard. Für Texte, Tabellen und Präsentationen fand sich stets Word, Excel und Powerpoint. Einzig beim E-Mailprogramm gab es bei einem Kunden, eine Ausnahme in Form von Lotus Notes. Entsprechend war ich an Microsoft Office gewöhnt und habe es auch privat eingesetzt. Früher alle paar Jahre gekauft, zuletzt im Microsoft 365 Abo. Einfach nur aus Gewohnheit und Faulheit, mich umzustellen. Aber jetzt? Jetzt hat Microsoft Office bei mir nachhaltig verschissen.

Sicherstellen, dass Sie es sind

„Sicherstellen, dass Sie es sind!“, diese fünf Worte haben mir die Luft an Microsoft Office gehörig verleidet. Mit der Umstellung meines Microsoft-Kontos in Windows auf ein Kennwortloses Konto mit Windows Hello PIN und Zwei-Faktor Authentifizierung mit der Microsoft Authenticator App unter Android, hat Microsoft Office irgendwie völlig hohl gedreht.

Mit Outlook im Autostart (wenn ich Windows starte, will ich das E-Mailprogramm offen haben, um zu sehen, ob wichtige Post da ist), kam Office jeweils keine 10 Sekunden nach der Anmeldung an Windows mittels Hello PIN mit eben jenem, fünf Worte umfassenden, Dialog in den Vordergrund und wollte die PIN direkt noch mal. Klar, weil in den 10 Sekunden zwischen der Anmeldung an Windows und dem Autostart von Outlook ja der Benutzer am PC gewechselt hat. Nervig. Aber noch halbwegs zu verschmerzen – zuerst jedenfalls.

Hello Office

Zwei Wochen später reichte Windows weiterhin die PIN zur Anmeldung, aber Office nicht mehr. Da kam dann zwar immer noch 10 Sekunden nach der Windows-Anmeldung die PIN-Abfrage durch Office. Aber die Eingabe der PIN reichte Office im Gegensatz zu Windows nicht mehr und auf die PIN-Eingabe folgte jedes Mal die Aufforderung, die Anmeldung auch noch mit dem Smartphone zu bestätigen. Super nervig. Aber gerade noch zu verschmerzen.

Nach dem dann aber zuerst, nach gut 4 Stunden am PC, mitten in einem Game Outlook und einen Tag später nach bereits zwei Stunden am PC, mitten in einer wichtigen Videokonferenz OneNote, nach dieser zweistufigen Bestätigung verlangt und für mich die komplette Videokonferenz lahmgelegt und per geteiltem Bildschirm auch alle anderen Teilnehmer der Konferenz genervt hat, war klar: Dieser Scheiß muss aufhören.

Lösungssuche

Eine Web-Recherche brachte nicht wirklich einen brauchbaren Workaround zu Tage und der häufigste Tipp war, Office nach jeder Benutzung komplett, hart über den Task-Manager, zu beenden und ebenso außer Betrieb zu setzen, bevor man irgendwas anderes, wichtiges mit dem PC macht.

Alles mal probiert, mit allem nicht warm geworden und am Ende doch immer nur wieder am Aufregen, wenn man mal irgendwas vergessen und dieser Drecks-Dialog dann doch wieder genervt hat. Zeit für eine endgültige Lösung.

Mich umzugewöhnen, während ich die Wahl habe, dass nicht unbedingt tun zu müssen, fällt mir schwer. Aber wenn mich die Alternative, die mich von einer Umgewöhnung abhält, nur lange genug mit irgendeinem Mist nervt … Abo gekündigt, Microsoft 365 deinstalliert (wie glücklich dieser Klick doch machen kann 🙂 ) und schnell noch LibreOffice und Thunderbird auf den PC gezogen, dann runter gefahren und ab ins Bett.

LibreOffice

Lange Zeit bin ich mit LibreOffice einfach nicht warm geworden. Microsoft Office schien immer schick zu sein, sanfte Bedienelemente, ein schlüssiges Gesamt-Design. LibreOffice oder auch OpenOffice erweckte immer den Eindruck eines eher rudimentären Designs. Damit wurde ich lange irgendwie nicht warm.

Was mich eigentlich gewundert hat. Bei meinem ersten und letzten, jemals erworbenen, Komplett-PC, einem Windows 95 Rechner aus dem Hause Vobis, irgendwann Mitte der 1990er war StarOffice mit beigelegt und das habe ich echt geliebt, gute 7 Jahre lang, bis mich dann irgendwann Microsoft Office mit seiner schöneren Oberfläche überzeugt hat.

Keine Wahl mehr

Am nächsten Tag gab es keine Wahl mehr. Aber dafür hat an dem Tag auch kein „Sicherstellen, dass Sie es sind!“ mehr genervt. Und, na ja, so schwer fiel die Umstellung auch gar nicht. LibreOffice ist kein Neuland für mich. Auf meinem alten Schlepptop, mit dem ich unterwegs Texte wie diesen schreibe, ist schon seit vielen Jahren Linux installiert, weil Windows für den mobilen Betrieb nicht recht vertrauen und vor allem keine Lust habe, mir die Pro-Version zu kaufen, nur um meine Dokumente auf einer verschlüsselten Partition speichern zu können. Und, na ja, auf Linux mit LibreOffice zu arbeiten ist einfacher und vor allem stabiler, als Microsoft Office in WINE laufen zu lassen.

Die beste Wahl ever

Drei Tage hat es gedauert, an einen Punkt zu kommen, wo man Microsoft Office so rein gar nicht mehr vermisst und man sich nur noch darüber ärgert, dass man es nicht schon viel früher zum Teufel geschickt hat.

Fakt ist, ich liebe mein LibreOffice inzwischen. Zumal sich der ihm immer unterstellte, vermeintliche Nachteil der weniger aufgeräumten Oberfläche, z.B. im Writer, sich bei genauer Betrachtung als großer Vorteil entpuppt. Hier finde ich jede Funktion, die ich brauche, auf einem Blick und Klick und muss mich nicht erst durch vermeintlich aufgeräumte Tabs klicken, um einen Tabelle oder ein Bild einzufügen.

Ein wenig länger hat der Abschied von Outlook gedauert. Nicht, weil es so ein tolle E-Mailprogramm ist. E-Mails schreiben und lesen kann ich auch mit Thunderbird. Was ich an Outlook mehr genutzt habe, war der Kalender, der Dank Outlook für Android auch unterwegs dabei war.

Kalender

Inzwischen übernimmt das der Google Kalender, der sich auch in Thunderbird integrieren lässt. Das Einzige, was mich an dem Ding gegenüber Outlook nervt ist, dass man den farblichen Kategorien keinen Text zuordnen kann. In Outlook legte man sich Kategorien wie „Wichtig“, „Zu erledigen“ oder „Familie“ an und gab denen eine Farbe. Und die Kategorien hießen dann trotz der Farbe eben weiterhin „Wichtig“, „Zu erledigen“ oder „Familie“, egal ob auf dem PC oder dem Smartphone.

Der Google-Kalender hat auch Farbcodes, die man für Einträge verwenden kann. Aber die haben feste Namen, die man nicht ändern kann. Dass „Rot“ für Wichtig steht, kann man sich halbwegs merken, wenn man sich das so definiert, wie man es farblich gewohnt ist. Aber „Rot“ heißt bei Google eben nicht „Wichtig“, sondern „Tomate“. Das ist ein bisschen schade, weil manchmal, noch im Halbschlaf oder in Eile bei der Eintragung eines Termins diese, gewohnte farbliche Assoziation, weg ist. Es wäre halt einfacher, „gelb“ für etwas, was man erledigen muss, zu benutzen, wenn man sich an „Gelb“ ein „Zu erledigen“ dran schreiben könnte, statt des „Banane“, was da standardmäßig dran steht. Aber nur deshalb bei Outlook bleiben?

99 Euro gespart?

99 Euro kostet das Jahres-Abo von Microsoft 365 alias Office. Sogar 120, wenn man, wie ich bislang, monatlich gezahlt hat. Und nun ohne Microsoft 365, könnte ich mich freuen, das Geld nun gespart zu haben und mir, was weiß ich, nen neues Game dafür zu kaufen oder irgendwelche Hardware für den PC.

Aber so ticke ich nicht. Ich hab das Geld bisher für (Microsoft) Office ausgegeben und gebe es auch weiter für Office aus – jetzt allerdings für LibreOffice. Das haben sich dessen Macher einfach verdient, denn sie leisten echt großartige Arbeit.

Gebettel

Ich finde es durchaus erwähnenswert, wie sehr Microsoft im Kündigungsvorgang für sein 365-Abo darum bettelt, dass man es doch fortsetzt. Nicht so schlimm wie Amazon bei seinem Prime, aber doch schon ordentlich wird einem da zu verstehen gegeben, was man zukünftig alles nicht mehr kann.

Am stärksten herausstellen tun sie dabei nicht mal die Office-Programme, sondern vor allem ihre 1-6 TB Cloudspeicher. Eins bis sechs, weil man es ja auch teilen könnte. Aber diese Microsoft-Cloud namens OneDrive hat sich für mich schon lange vor Office für eine Verwendung disqualifiziert.

OneScheiss

Meine Dokumenten-Backups mache ich hauptsächlich im heimischen NAS und auf externen Speichermedien. Und eigentlich ist da auch nichts bei, dem ich bei einem Verlust jetzt ewig nachtrauern würde. Für die wirklich wichtigen Dokumente, wie Versicherungsunterlagen oder Verträge, bietet mir meine Bank für nen knappen Euro eine eigene Cloud-Sicherung an, die mir zusätzlich auch die Möglichkeit gibt, diese Dokumente im Notfall einer Vertrauensperson zugänglich zu machen, ohne dafür mit Passwort-Weitergaben oder ähnlichem hantieren zu müssen.

Eines aber hätte ich schon ganz gerne durch eine Cloud auch tagesaktuell außerhalb meiner eigenen vier Wände gesichert und das sind meine Fotos und Videos, insbesondere die, welche sich noch in Bearbeitung befinden. Dafür schien OneDrive auf den ersten Blick geeignet zu sein. Aber eben auch nur auf den ersten Blick.

Denn im Gegensatz zu etwa Google Drive, zieht sich OneDrive alle nur erdenklichen, in der Sicherung enthaltenen Bilddateien in seinen eigenen Foto-Bereich und nervt dann mit Erinnerungen daran.

Erinnerungen

Es kann ja ganz nett sein, nach einem Jahr mal an Fotos in seinem Foto-Ordner erinnert zu werden und daran, was man heute vor einem Jahr, oder vor Zweien oder dreien gemacht hat. Aber will ich wirklich an jedes nur zwischengespeicherte, weil halbfertig bearbeitete Bild erinnert werden oder an einen Screenshot einer Webseite, den man mal gemacht und zusammen mit einem Text in seinem Dokumenten-Ordner abgelegt hat? Oder an ein längst lange überholtes Meme, bei dem man irgendwann mal in einem Messenger auf „Speichern“ geklickt hat und das seit etlichen Jahren irgendwo in der letzten Ecke einer SSD herum oxidiert und Aufräumaktionen entgeht, weil es nur 25 Kilobyte groß ist?

Also ich nicht. Und da es offenbar keine Möglichkeit gibt, OneDrive zu vermitteln, dass es mich gerne an Fotos in einem bestimmten Ordner erinnern kann, dafür aber gefälligst alle nicht in diesem einen Ordner liegenden Bilddateien auf meinem PC zu ignorieren hat, konnte ich da schon lange gut drauf verzichten.

Google Drive

Google Drive habe ich sowieso. Allein schon, weil es nativ zum Betriebssystem eines Smartphones gehört. Und da Google Drive sehr wohl in der Lage ist, erinnerungswürdige Fotos in einem Ordner, von Datensicherungen anderer Arten von Bildern in anderen Ordnern zu trennen, habe ich keine Bauchschmerzen damit, es für meine Datensicherungen zu verwenden.

Klar, wäre eine komplett eigene Cloudlösung mit Sicherheit die bessere Wahl. Aber die Managed Nextcloud meines Webhosters, hat mich schon vor drei Jahren weit mehr in den Wahnsinn getrieben, als OneDrive von Winzigweich – und das will schon was heißen. Und extra nen eigenen Server mieten, um den man sich dann auch noch ständig kümmern muss – das muss ich auch nicht haben.

Windows

Eigentlich würde ich auch noch ganz gerne Windows und damit Microsoft komplett loswerden. Aber davon halten mich hartnäckig noch zwei Dinge ab. Die, unter Linux, doch teils deutlich eingeschränkten Spielmöglichkeiten in meiner Steam-Bibliothek und ACDSee.

Ja, Steam hat auch einen Linux-Client und die meisten Spiele können damit auch unter Linux gespielt werden. Die meisten. Aber eben nicht alle. Und manche auch nicht mal ansatzweise in der gleichen Qualität wie unter Windows.

Ich spiele in letzter Zeit gar nicht mal mehr so viel am PC wie auch schon. Aber wenn ich mal was spiele, dann soll das Spiel auch gut aussehen und flüssig laufen und da hapert es dann doch bei einigen Titeln bei einer Ausführung unter Linux.

ACDSee

Am meisten aber hält mich ACDSee Ultimate von einem kompletten Wechsel zu Linux ab. ACDSee ist für mich seit rund 20 Jahren der Standard-Betrachter für Fotos und seit rund 15 Jahren aus der Standard, was die Verwaltung und vielfach auch die Be- und Verarbeitung meiner Fotos angeht und ich habe trotz langer Suche bis jetzt noch kein brauchbares Pendant dafür unter Linux gefunden – und in WINE macht ACDSee Ultimate doch teils erhebliche Probleme.

Auf Steam und Spiele könnte ich zugunsten von Linux wohl noch am ehesten verzichten und mich vielleicht als Ersatz noch mit einer Konsole anfreunden, auch wenn ich nur äußerst ungern mit Controller spiele. Aber bei ACDSee bleibt mir nur die Hoffnung, dass es mal irgendwann nativ auf Linux erscheint oder irgendwo ein Linux-Programm auftaucht, was mir in einem einzigen Programm den gleichen Funktionsumfang bietet, wie ACDSee Ultimate.

Bislang jedenfalls habe ich unter Linux nur Programme gefunden, die jeweils nur einen Teil des Funktionsumfangs von ACDSee Ultimate abdecken und ich kann mich einfach nicht damit anfreunden, meinen von inzwischen rund 15.000 Fotos gewohnten Workflow auf ein halbes Dutzend von Programmen zu verteilen, nur um auch Windows los zu werden.

Na ja, schauen wir mal, was Microsoft in Zukunft mit Windows anstellt. Wenn sie mich nur genug in den Wahnsinn treiben …